Aufgabe Gewerbe

Liebe Selectrix-Freunde, ein für mich nicht leichter Schritt, aber nötig: Ich gebe den Verkauf von SX-Elektronik zum 30.09.2024 auf. Warum? Nun ja, einige Gründe. Die 2 wichtigsten: Zeit und Geld. Zeit:

Die SX-Elektronik betreue ich in meiner Freizeit. Durch meinen Hauptberuf als Entwicklungsingenieur bin ich sowieso schon sehr gut ausgelastet. Des weiteren bauen wir zu Hause unser Haus um, quasi eine Kernsanierung. Beide Punkte alleine sind schon viel.

Hinzu kommt nun noch das Geld und die Randbedingungen, in Deutschland ein Gewerbe zu betreiben: Kosten und Bürokratie. Um Elektronik in Verkehr zu bringen, muss man sich am System „WEEE“ beteiligen. Dies regelt die Entsorgung von Elektronik- und Elektroschrott, sorgt dafür, dass wir als Privatpersonen unseren Elektroschrott kostenlos bei Wertstoffhöfen abgeben können und ist grundlegend eine super Sache. Bei der Umsetzung, in Deutschland durch die Stiftung EAR gibt es aber Punkte, die es Kleingewerbetreibende arg schwer machen. Es gibt keine Regelungen für Kleinmengen, der Prozess ist für alle der gleiche, egal ob großer Händler oder Modellbahnbastler. Ich möchte hier nicht auf Details eingehen, aber wenn man nach „Stiftung EAR Container Lotterie“ sucht, kann man sich ggf. ein Bild von der Misere machen: Unkalkulierbare Kosten, unklare Prozesse, viel Bürokratie. Um derartige Risiken zu minimieren, so habe auch ich einen Dienstleister gewählt: Bitkom Servicegesellschaft. Diese nehmen mir das Risiko der Container Lotterie ab und geben mir die insolvenzsichere Garantieversicherung, welche die Stiftung EAR fordert. Mit dem Angebot, dem Service und der Leistung der Bitkom bin ich sehr zufrieden und danke Bitkom hiermit ausdrücklich. Aber auch deren Mitarbeiter müssen von etwas leben, also kostet deren Leistung (berechtigter Weise) Geld. Geld, welches erwirtschaftet werden muss. Zusätzlich bringe ich mit Paketband und Adressaufklebern Verpackungsmüll in Umlauf, also müssen auch hier Kosten für eine Systembeteiligung erwirtschaftet werden. Macht man all dies nicht, drohen rechtliche Konsequenzen, die gern mal viel teurer sind, als die Systembeteiligung.

Was kostet mich also das Gewerbe? Hier eine Aufstellung für 2024:

Kategorie	Posten	Kosten
WEEE	Jahresgebühr/Systembeteiligung inkl. variabler Jahresgebühr	301,78€
WEEE	Quartarlsgebühr Stiftung EAR, Bereitstellung eines Registrierungskontos im Quartal 01…04/2024	4x 52,24€ = 208,96€
WEEE	Prüfung einer Garantie für das Kalenderjahr 2024 und die Geräteart Kleingeräte, die in privaten Haushalten genutzt werden können hinsichtlich des Garantiebetrages	14,64€
LUCID	Verpackung, Systembeteiligung und Entsorgungskosten	29,75€
SUMME	pro Jahr (aktuell)	555,13€

Diese Kosten in Höhe von 555,13€ muss ich also mindestens erwirtschaften, ohne für mein Gewerbe (eigentlich Hobby) privat drauf zu zahlen und mindestens eine schwarze Null zu erwirtschaften. Da das Selectrix-System ein Nischensystem geworden ist und ich „nur“ Selbstbauelektronik anbiete, ist der Markt (für mich) recht klein. Bei mir wurden im Jahr 2023 54x Bausätze und dieses Jahr 34x Bausätze bestellt. Das heißt: Für 2023 betrug rechnerisch die Umlage der „Entsorgungskosten“ 10,28€ pro Bausatz, für 2024 sind es aktuell 16,33€ pro Bausatz. Wer meine Preise kennt sieht schnell: bei 18…50€ Kaufpreis sind im Jahr 2023 57…20% des Preises nur „Entsorgungskosten“, da das System kein Kleingewerbe kennt. Nun weiß ich aber nicht, wieviel Bastler bei mir bestellen werden, d.h. ich muss ein wirtschaftlichen Risiko tragen oder die Preise deutlich anheben. Bei aller Liebe zum Hobby und so gern ich helfe: Aber dann sind wir noch immer bei Null, d.h. meine Arbeit und mein Aufwand mache ich „für lau“. Das kann ich leider nicht mehr stemmen und gebe deshalb auf. Kleiner Abschluss hierzu: 2023 habe ich schon drauf gezahlt, 2024 wird es nicht besser, eher schlechter, da weniger Bestellungen.

Wie geht’s weiter? Nun ja, Neubestellungen nehme ich keine mehr an, da alle Verträge gekündigt sind oder zeitnah werden.

Ein Angebot habe ich dann doch noch, das erfordert aber mehr Eigeninitiative der SX-Bastler: Bis Jahresende werde ich die Downloads derart überarbeiten, dass interessierte Bastler die Elektronik selbst nachbauen können, indem sie auch selbst Platinen mit Gerber-Daten bestellen können. Zudem werde ich die Projekte sehr wahrscheinlich bei PCB-Way derart online stellen, dass SX-Bastler dort recht einfach die Platinen einfach bestellen können, ohne Gerber-Daten hochzuladen, anzufragen, etc.
Die Bauelemente wird es weiter über meine Links als vorkonfigurierte Reichelt-Warenkörbe geben. Wer AVRs selbst nicht programmieren (flashen) kann, dem biete ich den Service an, dies für interessiert Bastler zu erledigen. Dies dann kostenlos, damit ich nicht wieder ins Gewerberecht falle und die damit verbundenen Pflichten erfüllen muss. Hierfür habe ich absolut keinen Nerv mehr.

Mir ist klar, dass dieser Schritt nicht bei allen auf Verständnis oder Begeisterung trifft. Aber für mich ist er alternativlos, da selbst mit höheren Preisen ich zwar das finanzielle in den Griff bekommen könnte (sofern das nicht die Nachfrage dämpft), aber der Punkt „Zeit“ damit auch nicht besser wird.

Zu guter Letzt möchte ich mich bedanken: Bei meinen Helfern im Hintergrund, welche in ihrer Freizeit dazu beigetragen haben, die ganzen SX-Projekte überhaupt auf die Beine zu stellen. Nicht jeden kann ich hier namentlich erwähnen, deshalb erwähne ich niemanden, betreffende wissen schon, dass sie gemeint sind: RIESEN DANK AN EUCH, DIE IHR MIR STETS GEHOLFEN HABT!!!
Auch bedanken möchte ich bei allen SX-Bastlern, die meine Projekte eingesetzt haben und noch immer einsetzen. Vielen Dank auch für konstruktive Kritiken und teils auch Geduld, wenn eine Antwort mal etwas länger gedauert hat.

Viele Grüße, bleibt gesund und weiterhin viel Freude mit dem schönen Hobby Modelleisenbahn!